Das Exmoor ist ein wunderschöner Nationalpark im Südwesten Englands unterhalb des Bristol Channel in den Grafschaften Somerset und Devon, der sich durch seine bewaldeten Täler und beweideten Höhen zusammen mit ursprünglichen Moorlandschaften und schlicht grandioser Landschaft auszeichnet. Also alles, um sich zwei Wochen in eine etwas ruhigere Gegend England in ein entzückendes Cottage zurückzuziehen und die Zeit mit viel Natur und kleineren Entdeckungen zu verleben.
Die Anreise kann gut über Bristol erfolgen (ca. 1,5 h Fahrzeit von da), allerdings ist die Zahl der internationalen Flüge dort recht gering. Von daher werden die Meisten – wie auch wir – die Anreise über London wählen. Für die Fahrt nach Westen bietet sich London Heathrow Airport an, da man direkt auf die dorthin führende Autobahn M4 auffahren kann. Mindestens drei Stunden Fahrt sollte mal dann rechnen, wobei sich gerade für im Linksverkehr nicht so Erfahrene die Autobahnfahrt als Eingewöhnung gut anbietet – durch die bauliche Trennung gibt es kein Risiko, auf der falschen Seite zu fahren!
Und Achtung in London Heathrow: Die Autovermieter sind weit abgelegen und nur durch Shuttlebusse erreichbar. Das dauert!
Die Anfahrt mit kleinen Abstechern
Aber schließlich sind wir auf der Straße und wenn man es nicht ganz so eilig hat, empfiehlt sich ein kleiner Abstecher nach Bradford-on-Avon in den Cotswolds. Auf dem Weg dorthin kommt man – sofern man nicht nur Autobahn fahren will – durch den sehr ansprechenden Marktort Marlborough kann in Avebury vorbeischauen. Das ist einer dieser mystischen Orte der Steinkreise wie auch Stonehenge einer ist. Wo Stonehenge aber inzwischen so überlaufen ist, dass sie den danebenliegenden Parkplatz aufgelassen haben und die Besucher mittlerweile mit eigenen Shuttlebussen genau nach Zeit dorthin bringen, sind die Steinkreise von Avebury inmitten eines kleinen Ortes und lange nicht so bekannt. Sicherlich faszinierend. Uns hat der Ort sehr gut gefallen…
Und dann ist da noch Devizes. Ein Ort in der Grafschaft Wiltshire, den man an sich nicht wirklich kennen muß. Aber: Er beherbergt eine technische Innovation des späten 18. Jahrhunderts: Eine Schleusentreppe! Über insgesamt 29 Schleusen können hier die Boote des Kennet & Avon Canals einen Höhenunterschied von 72 Metern überwinden. Das dauert locker 5 bis 6 Stunden und alle Schleusen sind ausschließlich handbedient! Besonders beeindruckend ist der mittlere Bereich, in dem 16 Schleusen direkt hintereinander liegen:
Abends führte uns dann der Weg natürlich noch vom Quartier (einem netten B&B mit schönem Blick ins Tal des River Avon) ins Pub mit sehr gutem Essen. Weg – na ja, Pfad trifft es eher. England ist irgendwie schon sehr für Autofahrer ausgelegt, entlang der Straßen geht man eher ungern. Aber es gibt dafür überall kleine Pfade und Wege, die oft erst auf den zweiten Blick sichtbar sind. Dann führen sie aber teils einsam, eng, verwachsen und romantisch direkt zum Ziel:
Nach dem Frühstück besuchen wir noch den ganz nahe gelegenen Courts Garden des NT (National Trust), der eigentlich mehr ein privater Park des Dorfes ist:
Dann geht es zum Höhepunkt des heutigen Tages: Der Bootsfahrt auf dem Kennet & Avon Canal! Diese Kanäle waren einst bedeutende Wirtschaftswege, bevor die Eisenbahn den Frachttransport dort unwirtschaftlich gemacht hat. Tausende von Kilometer Kanäle in ganz England sind dann verfallen, wurden aber in den 1970er und 1980er Jahren aufwendig restauriert. Heute sind sie wieder ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor – für den Tourismus! Auf den Narrow Boats kann man den Urlaub verbringen, viele Menschen wohnen auf ihnen und es sind romantische Wander- und Radwege entlang der Kanäle.
In der Wharf von Brandford-on-Avon startet unsere zweistündige Tour durch die Schleuse und bis hin zum Avoncliff Aquaeduct, wo der Kanal spektakulär auf einer Brücke Fluß und Eisenbahn überquert.
Am Ende der Fahrt kommt ein gewaltiger Regenguß, der aber genau zum Aussteigen endet. Perfekt! Wir fahren weiter und bleiben rein durch Zufall in „Norton St. Philip“ hängen – ein winziger, aber unglaublich netter Ort mit einem uralten Inn und tollem Blick.
Da mag man sich doch einfach hinsetzen und ein Pint Bier oder Cider trinken, oder? Beides übrigens Themen, zu denen wir noch berichten müssen. Für´s Erste: Unserem kontinentaleuropäischen Gaumen schmecken die „Bitter“ noch am ehesten, mehr als die normalen Ales.
Und ja: Man sitzt gar nicht selten so nett wie oben zu sehen!
Damit geht unsere Fahrt weiter ins Quartier der nächsten zwei Wochen, ins Exmoor. Es werden zwei wunderschöne und entspannte Wochen.
Die Zeit im Exmoor
Unser Quartier haben wir uns in der nordöstlichen Ecke des Exmoors gesucht, nahe der Stadt Minehead (ca. 12.000 Einwohner).
Unser Haus ist wirklich so nett, wie es die Bilder des Vermieters vermuten ließen. Nur dass die Abgasanlage der Heizung direkt neben der Gartentüre der Küche ist, stört sehr!
Übrigens: Die Preise im Exmoor sind für englische Verhältnisse geradezu niedrig, so günstig kann man sonst in Südengland selten wohnen und leben.
Ansonsten freuen wir uns über teils schönes Wetter, teils etwas bedeckteren Himmel und einen Tag sogar richtig dichten Nebel. Die Gegend ist geradezu weggeräumt! Es regnet auch mal, aber insgesamt harmlos.
Überhaupt der Ginster: Der hat uns schon im ersten Jahr begeistert. Da kommen Erinnerungen an die Kinderbücher „Die 5 Freunde“ von Enid Blyton auf – stets hat der Ginster geblüht und gepiekst. Das haben wir erst hier in England wirklich verstanden. Mehr davon z.B. auf dem Rundweg von Selworthy.
Ach ja, wir sind im Exmoor. Auch hier gibt es die weitgehend frei lebenden Ponys:
Sehr sehenswert ist ganz in der Nähe Dunster Garden and Castle, genauso wie auch der liebe Ort Dunster.
Gut, den freien Drink haben wir nicht bekommen. Aber es ist so typisch schräg für dieses Land – wie auch so einiges andere. Z.B. die Warnwestenmanie. Alles und jeder trägt eine Warnweste, wann immer es geht. Wahrscheinlich müssen in 2 Jahren auch alle Fußgänger eine solche Weste als Grundausstattung tragen. Ist gar nicht so weit hergeholt – beim Ausflug der Volksschulklasse ist die Warnweste Pflicht, auch beim Spielen:
Und beim Stöbern nach Veranstaltungen in Minehead sind wir auf diese Anzeige gestoßen:
Dann haben wir zwischendurch auch mal richtig Nebel:
Kein Problem, verbringen wir halt mehr Zeit zuhause. Ist eh gemütlich.
Und was man so alles an Effekten erzielen kann, zeigt Sabines‘ geniales Foto (wie alle Bilder hier überhaupt NICHT nachbearbeitet!):
Jetzt aber sollte es tief hinein bzw. hinauf ins Dartmoor gehen – wir waren einige Stunden mit dem Auto sowohl im bewaldeten Bereich als auch im Hochmoor unterwegs:
Der höchste Punkt ist der „Duncery Beacon“. Von hier aus hat man einen wunderbaren Rundumblick:
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Das Unterwegssein macht hungrig. Der ideale Snack ist der „Ploughman“ (gesprochen „Plaumän“) bestehend aus dicken Scheiben Brot, dazu Käse und Schinken sowie jede Menge Garnitur und Chutneys. Urgut!
Das Wetter wird übrigens wieder sonniger. Wir nutzen es, um im Tal des River Barle den Fluß entlang zu den berühmten Tarr Steps zu wandern – einer sogenannten „Clapper Bridge“. Das ist eine wahrscheinlich aus dem Mittelalter – womöglich aber sogar prähistorische – Steinbrücke.
Die Wanderung selbst ist unspektakulär, aber wunderschön!
Als Belohnung gibt es heute im Tea-Room von Withypool einen „Cheese Cream Tea“ – einen großen Pott Tee (wir bevorzugen Earl Grey) plus einem Cheese-Scone mit Käse und einem urguten Chutney. Da braucht man am Abend nicht mehr viel…
Danach machen wir nochmal einen Sprung ins Hochmoor – heute ohne Nebel:
Liebliche Täler mit hübschen Häusern wechseln sich mit Waldgebieten ab. Und hinter dem Hügel liegt schon das Meer!
Das Wetter bleibt schön und wir schauen uns Minehead an, unsere nahe „Großstadt“ (wie gesagt, rund 12.000 Einwohner). Spannend ist „Higher Town“, ein alter Stadtteil mit Kirche oben am Berg:
Dagegen ist das nahe Allerford winzig und besonders lieb. Das wichtigste und meistfotografierte Haus ist das direkt an der Furt. Diese wird übrigens wie viele der im Exmoor noch vorhandenen Furten ganz normal von Autos aller Größenklassen noch durchfahren:
Und dann haben wir uns gedacht, dass wir Euch mal ein kleines Stück auf eine Fahrt durchs Exmoor mitnehmen. Hier erstmal im „grünen Teil“ und noch nicht im Hochmoor. Die Straßen sind wirklich so eng, dass meist nur ein Auto gerade so durchkommt – bei Gegenverkehr heißt es bis in die nächste Ausweiche zurückstoßen (oder warten, bis der andere das tut).
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Damit uns im Exmoor nicht langweilig wird (wie könnte es nur?) fahren wir mit dem Schiff für einen Tag auf Lundy Island hinaus. Das ist eine kleine Insel im Atlantik, gerade mal 4,5 km lang und max. 1 km breit. Lieb!
Auf dem Weg zurück nach Hause durchfahren wir wieder die grandiose Landschaft des Exmoor beim Bristol Channel:
Schließlich sind wir noch zum Strand von Bossington gefahren, wo wir schon im allerersten Englandjahr einen wunderschönen Sonnenuntergang erleben durften. Und: Auch diesmal ist es wieder einfach nur herrlich!
Das Wetter bleibt schön – also schauen wir mal bei einigen Gärten vorbei. Besonders nett sind ja solche Gärten, in die man normalerweise nicht hineinkommt, da sie privat sind. Aber durch die NGS, das National Garden Scheme, kommt man in viele Privatgärten ein oder zweimal im Jahr doch hinein.
So haben wir Beth kennengelernt – auch sie hat einen Privatgarten an ihrem Haus, den sie im Rahmen des NGS nach Terminvereinbarung zeigt. Und wie in England üblich bleibt es natürlich nicht nur bei einem ausführlichen Rundgang, sondern danach wird gemeinsam Tea and Cakes auf der Terrasse mit einem Traumblick auf die atemberaubende Küstenlinie genossen. Wir haben uns fast einen Sonnenbrand geholt!
Nachtisch hatten wir keinen, aber bei der Einladung hier hätten wir fast nicht widerstehen können:
Daneben sind wir natürlich auch Wandern gegangen. Z.B. durch den Horner Wood – einen richtigen Zauberwald weiter oben. Kommt doch einfach mal ein kurzes Stück mit:
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Eines Abends sind wir dann in Porlock über dieses Schild hier gestolpert:
Also schnell John angerufen und gefragt, ob wir dabei sein dürfen. Natürlich, gerne! Und so kam es, dass wir anderthalb kurzweilige Stunden in der Kirche unter dem Glockenturm zusammen mit sechs Bell-Ringern verbracht haben – inclusive Einführungen, wie man die Glocken händisch am Seil läutet. Gar nicht einfach! Aber bei wöchentlichem Üben, so John und Martin unisono, würden wir es schon schaffen, bis Weihnachten diesen Jahres unfallfrei zu läuten. Wenn natürlich auch noch nicht korrekt im Takt und allem – aber wenigsten ohne gröbere Verletzungen durch vom-Schwung-der-Glocke-an-die-Decke-gezogen-werden und den nachfolgenden Absturz.
Wie das Ganze aussehen kann, zeigt dieses Kurzvideo:
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Es wurde aber dann später noch ein sehr langer Abend im „The Castle“, dem Pub gleich nebendran zusammen mit unseren neuen Bekanntschaften. Das nette Beisammensein haben wir übrigens gleich am nächsten Abend im „Ship Inn“ fortgesetzt – zusammen mit Dave aus Birmingham. Letzterer schafft es, ohne Luftholen den ganzen Abend lang zu reden. Unterbrochen eigentlich nur von Toni, bei dem jeder Satz Ironie pur war – wir haben ungelogen Tränen gelacht!
Leider geht nun unsere Zeit hier viel zu schnell zu Ende. Zwei Wochen sind eigentlich gar nicht viel. Bevor es aber zurück nach London und zum Flieger geht, belohnen wir uns aber mit einem ausgedehnten Cream Tea:
Ein großer Pott Tee (wir bevorzugen Earl Grey, erwähnten wir das schon?) sowie Plain Scones und Fruit Scones (mit Rosinen), die man zuerst mit clotted cream (vollkommen kalorienfrei!) und Marmelade bestreicht. Das sieht dann so aus:
Damit bestens gestärkt beginnen schon unsere Planungen für die nächsten Südengland-Reisen!