Erstmal kurz zur Orientierung – hier liegt Rye in East Sussex (Südostengland):
Die Anreise
Mit dem Flugzeug erfolgt die Anreise natürlich über London – wobei man sofern möglich London Gatwick anfliegen sollte, denn da ist man bereits südlich von London und hat nur eine kurze Fahrt mit dem Auto (Leihwagen) von weniger als anderthalb Stunden vor sich. Von London Heathrow dauert es ein wenig länger und der Weg geht über den „Orbital“, die Ringautobahn M25 mit ihren vielen Staus.
Wir haben die Anreise mit dem eigenen Auto von Deutschland aus gewählt und nehmen in Calais (Frankreich) die Fähre nach Dover. Schnell sind wir am Fährhafen und es ist einerseits überhaupt nichts los um 14 Uhr und andererseits ohnehin alles perfekt organisiert: Erster Stop am „Office“ – wir haben vorgebucht und können soger ein Schiff früher fahren. Wir bekommen die Info, auf welche Fahrspur wir uns einordnen müssen und passieren zuerst die Grenzkontrolle Frankreichs (Ausreise) und dann gleich Englands (Einreise). So schnell – ein kurzer Blick auf die Papiere und dankeschön. Gleich sind wir schon auf dem Schiff, stellen das Auto ab und „genießen“ die anderthalbstünde Überfahrt. Das Wetter ist regnerisch und stürmisch – bis 10 Minuten vor der Einfahrt in den Hafen von Dover. Gerade wie wir an den berühmten weißen Felsen von Dover vorbeikommen, reißt das Wetter auf!
Angekommen im Süden
Vom Schiff runter und an einigen „Links fahren“-Schildern vorbei geht es mit dem sicherheitshalber für den Linksverkehr präparierten Auto (Achtung: Abkleben der Scheinwerfer bitte keinesfalls vergessen!) durch die Baustellen von Dover und auf die Autobahn. Weiter über eine gut ausgebaute Landstraße erreichen wir Rye in East Sussex und unser dortiges Quartier. Es ist ein kleines Cottage, gelegen am Ende einer kleinen Reihe von winzigen Häusern undnur zu Fuß zugänglich. Innen geradezu puppenhausähnlich hat man ungestörten Zugang in den eigenen Vorgang und es liegt es keine Minute von der High Street entfernt mit all ihren Geschäften und den vielen Touristen – letzteren glücklicherweise nur tagsüber. Denn abends und nachts gehört der Ort den Einheimischen und ist herrlich ruhig.
Unser erster Tag, der Samstag begrüßt uns mit herrlichstem Sonnenschein. Also raus ins Städtchen und rauf auf den Kirchtum!
Unterwegs in East Sussex
Danach fahren wir ein ganzes Stück in den BORDE HILL Garden – und schon auf dem Weg dorthin begrüßen uns am Wegrand Massen von Bluebells. Zum Glück sind wir früh genug für diese bei uns komplett unbekannten Blumen und auch im Garten dominieren sie den Waldbereich.
Im Garten lädt der „Little Ritz Tea Garden“ ein, den obligatorischen Tee in der Sonne zu genießen. Und merke: In England muß das Geschirr nicht zusammenpassen!
Leider hat sich das Wetter dann ein wenig verschlechtert. Aber wie immer in England: Die Sonne ist oft nicht weit und das Licht gerade nach einem Regen ist besonders schön. So hatten wir dann in Battle (dem Ort der Schlacht 1066 von Hastings) Station gemacht und konnten den Eingang zum ehemaligen Abbey-Gelände sowie die heute als Schule genutzte Anlage bestens vor die Linse bekommen.
Und auch der Sonntag (1. Mai) brachte bestes Wetter und strahlenden Sonnenschein. Diesmal ging es nach Pashley Manor Gardens, was aufgrund des langen Wochenendes in England (der heutige Feiertag wird am morgigen Montag nachgeholt, sogenannter „Bank Holiday“!) keine wirklich gute Idee war: Ein vollkommen überfüllter eher kleiner und derzeit unspektakulärer Garten. Spannende Fotomotive boten eigentlich nur die toll gemachten Skulturen.
Lieber sind wir weiter durch den „Weald“ gefahren, das Hügelland von Kent und East Sussex. Landschaftlich sehr nett, auch die kleinen Orte machen richtig Spaß – gerade bei diesem tollen Wetter.
Übrigens: An KEINEM EINZIGEN unserer Bilder wurde irgendetwas nachbearbeitet!!!!!!
Da wir noch Zeit hatten und ohnehin die äußerst empfehlenswerte Jahreskarte vom National Trust haben, sind wir noch nach Scotney Castle gefahren. Dort waren wir 2011 zwar schon einmal, aber diesmal war das Wetter in diesem Herrenhaus mit Landschaftspark und künstlich angelegter romantischer Ruine (!) deutlich besser.
Manchmal fühlt man sich in der Zeit richtiggehend zurückversetzt:
Und manchmal steht man einfach nur beeindruckt vor echten Naturwundern:
Richtig nett war abends in Rye noch ein Live-Konzert in unserem Lieblingspub, dem Ypres Castle Inn mit ein paar lokalen Künstlern. Klasse Stimmung und wir waren mittendrin!
Es gibt auch schlechtes Wetter in England! Zwar nur Nieselregen und Wind, ungemütlich ist es aber schon. Also wurde der Montag ein gemütlicher Tag lediglich mit einer geführten Tour durch Rye – die aber am Mittwoch noch größere Folgen haben wird! Außerdem wollten bereits hunderte Fotos gesichtet und vor allem aussortiert werden…
Trotzdem: Wer Rye mit einer tollen geführten Tour erleben möchte, sollte sich bei Mike melden: www.ryehistorywalks.co.uk
Der Dienstag war wieder ein Traumtag – und wir sind extra um 4:55 Uhr (!) (morgens!!) (verdammt früh morgens!!!) aufgestanden, um rechtzeitig um 6:25 Uhr zum Sonnenaufgang auf den Dünen von Camber Sands am Strand zu sein. Sagen wir es mal so: Es hat sich gelohnt! ;-)
Den Rest des Tages diesmal ging es nach Norden schon stark Richtung London: Zuerst Ightham Mote, einem ganz tollen alten Haus und danach noch in Emmetts Garden. Letzterer beeindruckt durch sein riesiges Areal von Bluebells – Suchtgefahr!
Das schöne Wetter wird nicht weniger! Wir sind am Morgen im direkt nebenan gelegenen Ort Winchelsea mit Mike von Rye History Walks verabredet – den haben wir nämlich am Montag spontan gefragt, ob er mit uns nicht eine Privatführung dort machen würde. Er war überrascht, sagte aber ebenso spontan zu. Perfekt! Und so haben wir zwei Stunden lang einen 400 Seelen Ort besichtigt, der einst einer der wichtigsten Häfen Englands mit tausenden Einwohnern war. Davon sieht man nichts mehr, es ist ein wunderschöner total stiller Ort. Aber er war auch das Zentrum den Weinhandels und noch heute sind unsichtbar unter den Häusern rund 50 Weinkeller. Einen hat er für uns öffnen lassen und wir konnten hinein.
Später waren wir noch im Pevensey Castle, einer Ruine einer spätrömisch- und mittelalterlichen Befestigung.
Unweit des Castles konnte man übrigens drei wesentliche Elemente des britischen Tourismus auf ein Bild bekommen:
Geschichte, Beer Garden eines Pubs und die stets vorhandenen, äußerst sauberen Toiletten!
Erwähnten wir eigentlich schon, dass die Briten manchmal etwas speziell sind? Und dabei so herrlich pragmatisch! Beispiel hier: Was war zuerst da und was hat mehr Berechtigung zu bleiben? Da möchte man sich lieber nicht festlegen und macht das Beste daraus.
Nicht, dass so etwas irgendjemanden wundert. Es ist einfach vollkommen normal. Normal sind aber auch solche herrlichen Straßen:
Wie Mike sagte: England im Frühling sind saftiggrüne Wiesen mit weißen Tupfern – den Schafen. Und einige Lämmer sind besonders lieb:
Auch so kann man ganze Tage zubringen! Wir waren aber auch noch in Alfriston im Cuckmere Valley weiter im Westen – auch ein wunderschöner alter Ort mit einem großen Village Store (Krämerladen / „Greißler“), der außerordentlich gut sortiert war.
Tee gab es im entzückenden Tea Garden von Litlington im schönsten Sonnenschein, wo wir uns auch die guten Gurkensandwiches haben schmecken lassen:
Ziel war unser Highlight der ersten Woche: Die weißen Felsen „Seven Sisters“ bei Eastbourne. Ganz offen: Vergesst die berühmten Felsen von Dover!
Schließlich noch ein Stück weiter nach Beachy Head – die Abendstimmung will schließlich voll ausgekostet werden:
Westlich von unserem Wohnort Rye liegt die Romney Marsh, ein durch Sedimentation in den letzten Jahrhunderten entstandener Landbereich. Sehr flach und nicht unbedingt schön im klassischen Sinne, aber irgendwie auch mal ganz interessant. Wir waren 2011 schon mal hier und so haben wir uns diesmal auf eine Fahrt mit einer der kleinsten öffentlichen Eisenbahnen der Welt konzentriert. Und klein meint keinesfalls, die Streckenlänge, sondern die Größe der Fahrzeuge:
Die Romney, Hythe & Dymchurch Railway dient tatsächlich dem regulären Personenverkehr und wird (außer im Winter) täglich mit Dampflokomotiven aus dem Jahr 1927 bedient. Wer mehr über diese wirklich liebe Strecke wissen möchte, der schaue in unseren Reisebericht aus 2011 oder direkt auf die Website der RHDR. Wir sind dieses Jahr im schönsten Sonnenschein nach Norden bis Hythe und zurück gefahren- stilecht in einem der jedem Zug beigegebenen weitgehend offenen Wagen ohne Fenster und ohne Türen! Immerhin haben zwei Personen nebeneinander gerade so Platz..Es ist aber schon ein schräges Bild, wenn an ganz normalen Bahnübergängen von normal großen Schrankenanlagen gesichert eine so kleine Bahn mit 50 km/h kreuzt:
Es war Donnerstag und das ist der Tag, an dem in England gewählt wird – diesmal Kommunal- und Regionalwahlen. Daher waren auch die Polling Stations ausgeschildert, hier im Pub von St. Mary in the Marsh:
Die Telefonzelle ist wie so viele ihrer Brüder aber nicht mehr in Betrieb:
Wir sind dann weiter nach Norden und dort liegt eines der gar nicht so wenigen englischen Weingüter. Als Fans guten österreichischen Weins (südsteirische Weißweine und burgenländische Rotweine) wollten wir es uns nicht nehmen lassen, endlich auch mal englischen Wein zu verkosten. Denn: Man bekommt ihn in Restaurants praktisch gar nicht! Also haben wir den Biddenden Vineyard besucht und uns durchprobiert. Gut, für gehaltvolle Rotweine ist es hier oben schlicht zu kalt, aber die Weißweine waren ordentlich! Erstaunlich war die ganz minimale Säure – wir haben ja mit einem „Heckenklescher“ gerechnet, wie es auf österreichisch so schön heißt. Aber im Gegenteil, wirklich nicht schlecht. Zwei Flaschen sind im Gepäck zurück.
Schließlich haben wir noch den geradezu unvermeidlichen Garten besucht – Hole Park. Es ist ein sehr privater Garten: Man parkt im Gras der Zufahrt und ein Kassahäuschen gibt es auch nicht. Wenn jemand da ist, gut – wenn nein, Geld bitte in die Box werfen.
Wobei, so ungewöhnlich ist das gar nicht, wie wir unter „Sale on Trust“ erzählen. Aber wir sind im Hole Park: Im Formal Garden gibt es einen Tennisplatz und einen Swimming-Pool, irgendwie ist man fast in einem Privatgarten. Einem sehr schönen, übrigens! Leider sind wir 4 Wochen (!) mit der Natur hintendran, wie uns die nette Lady vorhin im Vineyard erzählt hat. So sind die Glyzinien noch weit von der Blüte entfernt, wodurch das eigentliche Highlight des Garten entfällt. Aber dafür ist der dazugehörige Waldbereich in einem kleinen Bachtal geradezu übersät von Bluebells und weiß blühendem Wild Garlic. Unglaublich!
Und so ist unsere Woche in Rye viel zu schnell, vorbei wir hatten es befürchtet. Aber es wird natürlich weitere Reiseberichte geben!